Eckleisten und farblich passendes Silikon sind eure Freunde
-Christian
Campervan Ausbauten von VW T4 und T5, Mercedes Sprinter oder Fiat Duacto gibt es wie Sand am Meer. Christian aus Ostholstein hat sich ein etwas anderes Projekt ausgesucht: einen Nissan Primastar. Das Fahrzeug führt unter den Campervans ein Schattendasein. Dabei hat der Primastar in Sachen Preis-Leistung viel zu bieten. Christian berichtet im 1camper Interview wie er zu dem Fahrzeug gekommen ist und was er alles umgebaut hat. Viel Spaß beim Lesen!
Wer bist du, wo kommst du her und was machst du in deiner Freizeit?
Ich heiße Christian, bin 42 Jahre alt und komme aus Ostholstein, direkt an der Ostsee. In meiner Freizeit bin ich meistens mit meinem Hund am Strand unterwegs oder ich sitze auf dem Motorrad und drehe ein paar Runden auf der Motocrossstrecke. Naja und in einem Singlehaushalt wird natürlich auch regelmäßig gegrillt.
Was war der Anlass für dein Campervan Projekt?
Ausschlaggebend für den aktuellen Ausbau war die Trennung von meiner Frau, die unseren alten Camper mitgenommen hat. Also stand ich erstmal ohne Bus da und musste das letzte Jahr auf mein Auto ausweichen, was mit meinen 1,96 Meter dann doch etwas eng war. Also musste zum Ende des Jahres dann ein Transporter her.
Wie bist du zu deinem Van gekommen? Was für ein Modell mit welcher Ausstattung hast du?
Ich kenne jemanden, der jemanden kennt …
Ich habe meinen Freunden immer erzählt, dass ich einen Transporter suche aber so richtig engagiert war ich nicht dabei. Naja, irgendwann kam mein Nachbar und meinte, dass sein Arbeitskollege noch was in der Scheune stehen hätte. So bin ich dann an einen Nissan Primastar, besser bekannt als Renault Trafic, gekommen. Genau das was ich gesucht hatte und so habe ich ihn direkt gekauft.
Wieso ausgerechnet ein Nissan Primastar?
Ich habe nach etwas kleinem, unauffälligen gesucht, mit dem man auch mal ohne Parkplatzprobleme durch die Stadt fahren kann. Da ich die meiste Zeit eh draußen unterwegs bin brauche ich auch nicht viel Platz. Die einzige Bedingung war, dass mein Motorrad rein passt und daneben noch ein Bett. Anfangs hatte ich mich auf den VW Bus konzentriert aber dann doch relativ schnell gemerkt, dass da mein Budget nicht reicht. Also blieben in der Größenklasse nur der Trafic, bzw. seine Doppelgänger, als günstige Alternative übrig.
Beschreibe doch mal den Zustand des Nissans zum Zeitpunkt des Kaufs…
Dafür, dass es eine typische Handwerkerbude einer Schreinerei war, stand er recht gut da. Hier und da ein paar kleine Kratzer und Dellen außen, die der Rede nicht wert sind. Dazu eine mit Silikon angeklebte Zierleiste, die anfing sich zu lösen. Von Innen war da schon klar zu merken, dass es ein Raucherfahrzeug war und der Laderaum war etwas mitgenommener aber dafür mit einer 20mm Siebdruckplatte ausgelegt, was für den späteren Ausbau sehr hilfreich war. Gestört hat mich allerdings, dass der Kasten komplett geschlossen, also ohne Verglasung, war
Du teilst auf Instagram (der.hoelschi) Fotos zum Fortschritt deines Campervan Umbaus. Wie sieht dein Primastar Umbau genau aus?
Nach der Trennung war mein Budget relativ überschaubar. So war auch klar, dass es ein Low Budget Projekt werden wird und ich nur das nötigste verbaue. Wichtig war mir aber eine gewisse Flexibilität. Ich wollte auf jeden Fall, dass mein Motorrad rein passt und ich zeitgleich darin schlafen kann. Andererseits sollte aber auch die Möglichkeit bestehen, mal zu zweit los fahren zu können. Ebenso musste für Licht gesorgt werden und ein Fenster verbaut werden.
- Material / Farbe der Innenraumverkleidung (Fußboden, Decke, Wände)
Im Laderaum war bereits die original Verkleidung im unteren Bereich verbaut. Diese war aber verkratzt und dreckig. Also wurde sie kurzerhand mit einem Granit Effektlack besprüht. Gleiches habe ich dann auch mit den Karossieteilen gemacht, die sichtbar bleiben würden. An den oberen Seitenteilen, die Decke und den Boden wollte ich Holz verbauen. Leider hatte der Baumarkt meines Vertrauens nichts da, was mich angesprochen hat. Also bin ich auf Laminat, norwegische Fichte, umgestiegen, was sich ziemlich gut verarbeiten und anpassen ließ.
- Möbiliar / Einrichtungsgegenstände
Bei dem relativ kleinen Platzangebot ist auch das Mobiliar recht überschaubar. Zentral war natürlich das Bett. Zum einen brauchte ich Platz für das Motorrad und zum anderen musste es breit genug für zwei Personen sein. Hier stand von vorn herein fest, dass es ein Slide-Out Bett werden würde.
Die Verkleidung des rechten Radlaufs wurde spontan während des Bauens zu einer Sitzbank und bei der Gelegenheit auch gleich bis zur Schiebetür verlängert. So habe ich nun die Möglichkeit auch an der geöffneten Schiebetür gut sitzen zu können und ich habe Platz für zwei 5L-Wasserkanister.
Zwischen dem Bett, übrigens 80/140cm x 190cm, und dem Fahrersitz hat dann eine Aufbaubatterie samt der Elektrik und der Luftauslass der Heizung ihren Platz gefunden. Das Ganze hat die Form eines U, in dem eine einfache 12V Kühlbox steht.
An die rechte Seitenwand wurde dann noch ein Klapptisch verschraubt und unter das Bett ein kleiner Ausziehtisch. Man will ja sein Bier auch sicher abstellen können während man im Bett liegt.
- Raumaufteilung
Die Raumaufteilung ist recht übersichtlich. Links das Bett und rechts eine kleine Sitzbank mit Klapptisch. Zwischen Bett und Fahrer-/Beifahrersitz ist dann die Elektrik bzw. ein Gang, in dem sich mein Hund breit machen darf.
- Sanitäre Einrichtung
Hier habe ich nur ein Porta Potti 365 mit einem Sitzbezug aus Stoff darüber. Aufgrund des geringen Platzangebots wollte ich es nicht fest verbauen. So wird es nur bei Bedarf in den Gang hinter dem Beifahrersitz gestellt und wird auch nur im Notfall genutzt. Durch den Stoffbezug ist es recht unscheinbar bzw. sieht schick aus, wodurch ich ihn hauptsächlich auch als Sitzgelegenheit für draußen nutze.
- Stromversorgung / Licht
Für die Stromversorgung habe ich eine 100AH Aufbaubatterie verbaut, welche über ein Trennrelais mit der Starterbatterie verbunden ist. Mittelfristig plane ich noch die Ergänzung eines Solarpanel bzw. einer Solartasche. Man wird sehen wie lange die 100AH reichen.
Für die Beleuchtung habe ich mir 6 batteriebetriebene „Schranklampen“ gekauft, welche über verschiedene Farben verfügen und sich über eine Fernbedienung steuern lassen. Die originale Innenraumbeleuchtung des Laderaums habe ich zudem beibehalten und in die neue Deckenverkleidung integriert.
- Fenster
Am liebsten hätte ich wieder einen voll verglasten Bus gehabt, wo man vom Bett aus eine schöne Rundumsicht in die Natur gehabt hätte. Leider ist mein Kasten aber komplett zu. Für Licht wurde als erstes die Trennwand raus genommen. Zudem hatte ich mich in ein Bullauge verguckt, welches ich dann auf der linken Seite verbaut habe. So kann ich dann aus dem Bett raus zumindest ein wenig den Ausblick genießen. Ich überlege aber noch, ob ich die beiden Hecktüren durch originale Türen mit Scheiben ersetze. Man wird sehen ob mir da mal was über den Weg läuft.
- Wasserversorgung
Eine besondere Wasserversorgung habe ich nicht geplant oder verbaut. Ich kann mehrere 5L Kanister verstauen und daraus leben.
- Heizung
Ich habe eine Planar 2D verbaut, von der ich bislang viel Gutes gehört habe und welche für einen recht guten Preis zu bekommen ist. Verbaut habe ich sie mit einem entsprechenden Flansch von Tigerexped, direkt unter dem Bett. Der Flansch hat den Einbau recht einfach gemacht, da ich nur ein viereckiges Loch in den Boden bringen musste und nicht mehrere passgenaue kleine Löcher. Da der Tankanschluß recht schwierig ist bei dem Kasten, habe ich hinten einen einfachen Kanister verbaut. Der Diesel wird also aus einem extra Tank entnommen.
- Isolation (Wärme, Geräusche)
Für die Isolation habe ich selbstklebendes 19mm K-Flex genommen. Es lässt sich sehr leicht verarbeiten und ich habe es überall dort verklebt wo ich ran kam. Zumindest jetzt während der Ausbauzeit bin ich recht zufrieden mit der Isolierung und auch während der Fahrt ist die Geräuschkulisse deutlich ruhiger geworden.
- Sonstige Umbauten
Aufgrund der fehlenden Heckscheiben habe ich zur Sicherheit noch ein paar Parksensoren verbaut.
Welche Umbauten / Veränderungen hast du am Fahrzeug selbst vorgenommen (oder planst es zu tun)?
Außer dem Einbau des Bullauges und der Parksensoren plane ich weiter keinen Umbau am Fahrzeug. Es wird ein unauffälliger weißer Kasten bleiben. Wobei ich schon Lust auf eine Dachterrasse hätte … man wird sehen.
Was ist der aktuelle Stand des Projektes? Was ist schon fertig, was fehlt noch?
Ich bin gerade dabei den letzten Feinschliff zu machen. Mit anderen Worten: Ich verdecke meine Pfuscherei mit ein paar Eckleisten und Silikon. Dann brauche ich noch zwei Matratzen und ein wenig Deko um es wohnlich zu machen.
Führst du den Umbau alleine durch?
Den Umbau führe ich komplett alleine durch. Da ich den ganzen Tag im Büro sitze, nutze ich das „Projekt“ als Ausgleich. Zudem entwickle ich den Ausbauplan während des Ausbaus und passe ihn immer wieder an. Da jemand anderen mitarbeiten zu lassen wird dann schwierig. Und ich bin vielseitig interessiert, so dass ich mich in so Sachen wie Heizung und Elektrik gerne einarbeite und dazu lerne.
Was war die bisher herausfordernste Arbeit am Camper und wie hast du sie gemeistert?
Den größten Respekt und den größten Schiss hatte ich vor dem Bullauge. Wenn ich ein Loch ins Blech säge habe ich halt nur einen Versuch. Wenn der danebengegangen wäre, hätte ich wohl ein ziemliches Problem gehabt. Im Internet habe ich aber eine bebilderte Beschreibung gefunden und Youtube hat natürlich auch geholfen.
Soweit ist es dann gut gegangen und das Fenster war samt Gummi schnell eingezogen. Einzig die Kederleiste, welche in das Fenstergummi eingezogen werden muss, hat mich zum Wahnsinn getrieben. Diese ließ sich nur Millimeterweise mit viel Gleitmittel und einem Schraubenzieher rein drücken. Einen Tag lang habe ich nichts anderes gemacht.
Was darf auf keiner Reise mit deinem Camper fehlen und wieso nicht?
Ich glaube, ich entscheide mich für mein Handy – Fotoapparat und Navi in einem Gerät. Manchmal sollte ich aber einfach mal die Datenverbindung ausschalten und den Moment genießen. Ansonsten ist ein gemütliches, warmes Bett nicht verkehrt.
Reist du primär alleine, Freuden oder Familie?
Derzeit plane ich meine Touren allein. Klar kommt mein Hund auch mit und ab und zu auch mal meine Tochter.
Erzähle doch mal von deinem bisher besten Erlebnis mit deinem Campervan und Motocross Bike auf Reisen…
Die schönste Tour ging mit meinem alten Camper nach Italien. Als Flachländer von der Ostsee aus in die Alpen zu fahren ist schon ein faszinierendes Erlebnis. Etwas ungewohnt war, dass man bei strahlendem Sonnenschein in einen Tunnel eingefahren ist und am anderen Ende im Schneegestöber wieder raus gekommen ist … Anfang September. Atemberaubende Aussichten und tolle Motorradstrecken.
Insgesamt war es eine schöne Männertour … okay, mal davon abgesehen, dass ich mir am ersten Tag in den Bergen das Schlüsselbein gebrochen habe. Aber auch ein italienisches Krankenhaus hinterlässt eine bleibende Erinnerung. An dieser Stelle ein großes Danke an die Entwickler der Google Translator App.
Welche Reisen planst du für 2019? Wie wird dein „Vanlife“ in diesem Jahr aussehen?
Okay, abgesehen davon, dass ich mit Italien noch eine Rechnung offen habe geht es im Juni für eine Männertour nach Mecklenburg Vorpommern. Im August habe ich dann drei Wochen Urlaub, die ich noch nicht verplant habe. Derzeit schwanke ich zwischen Italien und Dänemark/Norwegen oder ich lasse mich einfach treiben und schaue wohin es mich verschlägt.
Außerdem versuche ich verschiedene Events, wie das Dachzeltnomadentreffen oder die Adventure Northside, zu besuchen. Und es wird jede Menge Wochenendtouren entlang Nord- und Ostsee geben. Städte wie Wismar, Stralsund, die Insel Poel, St. Peter-Ording stehen dabei auch auf dem Zettel.
Hast du irgendwelche Tipps an Leute, die ihr Camper Umbau Projekt noch vor sich haben?
Traut Euch einfach. Man braucht keine top ausgestattete Werkstatt. Das meiste habe ich mit dem Akkubohrer und einer Stichsäge hin bekommen. Ein wenig handwerkliches Geschick solltet Ihr schon haben ansonsten denkt dran, Eckleisten und farblich passendes Silikon sind eure Freunde.
Moin
Was es doch für witzige Zufälle gibt: Auch bei mir ist es ein Nissan Primastar der Alltags(arbeits)auto, Camper und Mopedtransporter gleichzeitig sein soll und muss und auch da drin steht gerne meine BETA RR 🙂
Grüße aus dem Münsterland