Wer diesem Blog aufmerksam folgt, der hat festgestellt, dass wir seit 2 Jahren mit einem VW Grand California 600 unterwegs sind. Oder sollte ich besser sagen – unterwegs waren? Denn wir haben uns von dem Fahrzeug getrennt. Zeit, für ein kleines Fazit.

Unsere Kaufentscheidung

Vor dem Kauf des VW Grand Californias haben wir viel im Internet recherchiert und Erfahrungsberichte gelesen aber letztlich recht emotional gehandelt. Wir wollen auf keinen Fall ein Interieur in Holzoptik. Das wirkt altbacken und häufig sehr düster bedingt durch ein dunkles Dekor. Der Grand California ist eines der wenigen Modelle, das mit dem weißen Furnier aus dem klassischen Designmuster ausbricht. Der Innenraum wirkt modern und sehr großzügig.

Für uns war daher recht schnell klar, dass es nur ein Grand California werden kann. Und da wir dann auch noch VW Fans sind… was soll ich sagen 😉 die Kaufentscheidung ist uns nicht schwer gefallen. Wir wussten zu dem Zeitpunkt schon, dass es einige Kinderkrankheiten gibt. Die Robustheit des Basisfahrzeugs VW Crafter kompensiert allerdings aus unserer damaligen Sicht diese Schwächen.

Fahrverhalten

Der Fahrkomfort gehört definitiv zu den Stärken des Grand Californias. In bekannter Crafter Manier gleitet das Fahrzeug mit seiner serienmäßigen 8-Gang-Automatik auch lange Strecken sehr ausgeglichen und ruhig, ohne den Fahrer übermäßig zu ermüden. Lediglich die Windanfälligkeit des 3,1 Meter hohen 600er Modelltypes kann je nach Wetterlage das positive Bild schmälern. Man gewöhnt sich allerdings recht schnell daran und bei besonders starken Böen greift der Seitenwindassistent stabilisierend ein.

Für uns war der Grand California gerade wegen des guten Fahrverhaltens auf den langen Fahrten nach England und Wales ein echter Segen. Ich erinnere mich noch gut an die Fahrt der gleichen Strecken in einem Gespann mit Wohnwagen – kein Vergleich! Hinzu kommen noch Verbrauchswerte, die sich sehen lassen. Bei defensiver Fahrweise schluckt unser weißer Riese knapp unter 9 Litern. Das ist gegen der Fahrzeuggröße ein mehr als akzeptabler Wert.

Apropos Abmessungen: Die Höhe ist natürlich eine Herausforderung und man muss schon mit zwei wachen Augen fahren, um nicht versehentlich an einer der (sehr seltenen) niedrigen Brückendurchfahrten hängen zu bleiben. Selbstredend ist, dass die Einfahrt in ein Parkhaus nicht mehr möglich ist.

Wir haben uns dadurch allerdings nicht einschränken lassen und sind mehrfach auch in Großstädte rein gefahren. Über Google Maps findet man relativ einfach Parkplätze ohne Überdachung bzw. Höhenbeschränkung – beispielsweise bei Supermärkten. Mit seinen 6 Metern Länge kann man den Grand California gerade noch so einparken, ohne andere Fahrzeuge wesentlich zu blockieren. Ein absoluter Pluspunkt, wenn man auf seiner Tour auch gerne mal eine Stadt besichtigt.

Camping

Der Grand California ist unser erstes Wohnmobil. Vielleicht waren wir auch deshalb so positiv überrascht, wie man aus der doch recht kleinen Fläche so viel Wohn- bzw. Campingkomfort herausholen kann. Die Produktdesigner haben sich einige clevere Lösungen überlegt. Ein paar Beispiele:

  • Ein Hochbett ermöglicht das Übernachten mit 4 Personen (nur im Modelltyp 600). Wenn das Hochbett ausgeklappt ist, kann man sich immer noch, wenn auch mit kleinen Einschränkungen, im Fahrzeug bewegen.
  • Der Kühlschrank ist sehr geräumig und an der Stirnseite der Küchenzeilen angebracht. Sehr clever, denn dadurch kann man problemlos von außen eine kalte Cola holen, ohne mit den dreckigen Schuhen ins Fahrzeug steigen zu müssen.
  • Die Küchenzeile kann an beiden Seiten mit ausklapp- bzw. ausziehbaren Brettern verlängern. Damit lässt sich auch mal Obst und Gemüse schneiden, ohne gleich den Esstisch aufzubauen zu müssen.
  • Wer die Benutzung von Duschen in Wohnmobilen scheut, um das Bad nicht komplett unter Wasser zu setzen, der findet im Grand California eine Außendusche am Heck – samt warmen Wasser aus dem Boiler. Geeignet nicht nur für das Duschen, sondern auch, um mal dreckige Schuhe oder Hunde abzuwaschen.
  • Wer beim Duschen doch das Bad vorzieht, der kommt in den Komfort von zwei Abläufen an entgegengesetzten Seiten der Duschwanne, sodass Duschwasser nicht gleich überschwappt, wenn das Fahrzeug nicht 100% eben steht.
  • Die Schließsysteme der Schränke und Schubladen sind klapperfrei. Natürlich nicht der Inhalt 😉 dafür muss man dann schon selbst sorgen.

Die Liste ließe sich weiterführen – beispielsweise auch mit dem gemütlichen Ambiente-LED Licht oder dem digitalen Bedienfeld. Was allerdings negativ auffällt ist der doch geringe Stauraum in den Schränken. Das ist natürlich einerseits mit den knappen Abmessungen des Grand California 600 zu begründen aber andererseits auch einem Überrollbügel geschuldet, der sich in den Schränken einmal um den kompletten Aufbau herumzieht – naja, immerhin profitieren wir durch einen besseren Insassenschutz.

Die Rückbank für bis zu 2 Mitfahrer*innen ist ebenfalls sicherheitstechnisch Klassenbester (siehe ADAC Crashtest) – allerdings auch recht schmal. Ein Erwachsener kann hier problemlos mitfahren – oder eben 2 Kinder. Mit 2 Erwachsenen würde es auf längeren Strecken schnell ungemütlich werden.

Wenn wir schon bei der Rückbank sind: wirklich nervig ist der Tisch, der zwischen Rückbank und Fahrersitz eingespannt wird. Er muss beim Fahren abgebaut und unter der Matratze des Betts im Heck verstaut werden. Auch wenn ich den Sicherheitsaspekt (mal wieder!) nachvollziehen kann, hat der enorme Aufwand doch dazu geführt, dass wir den Tisch bei kurzen Pausen in der Regel nie aufgebaut haben. Schade, denn dadurch geht ein wenig der Wohlfühl-Feeling des Wohnmobils verloren.

Die Verarbeitung des Wohnaufbaus ist meiner Meinung nach an wenigen Stellen ausbaufähig – beispielsweise ist uns ein Tellerrost des Heckbetts abgebrochen und die Wandregale im Bad fallen regelmäßig ab, da sie an der Rückseite zur Wand hin recht schlecht angeklebt sind. Die sensible Trittstufe und der Wasserhahn an der Küchenzeile, der aufgrund einer mikroelektronischen Störung die Pumpe dauerhaft laufen lässt, wurden bei uns wegen verschiedener Defekte recht frühzeitig auf Garantie ausgetauscht. Danach hatten wir Ruhe.

Wirklich herausragend ist der Schlafkomfort. Die Tellerroste im großen Heckbett lassen einen schnell vergessen, dass man eigentlich in einem Reisefahrzeug übernachtet. Selbst das ausziehbare Kinderbett in der Alkove ist einigermaßen bequem, wenn auch deutlich härter aufgrund einer dünnen Matratze.

Was will man also mehr? Das Fahrzeug sieht gut aus, fährt gut und man schläft gut. Alles prima, wenn da nicht der Alltag wäre…

Alltag

Eigentlich hatten wir vor, den Grand California als Zweitwagen auch im Alltag zu nutzen und damit einen normalen PKW zu ersetzen. So agil das Modell als Wohnmobil auch ist, die Höhe und Länge sind einfach nicht alltagstauglich. Wir haben daher schnell festgestellt, dass sich diese Erwartung nicht erfüllt und ein drittes Auto – also unseren eigentlichen Zweitwagen – gekauft.

Damit kommen wir jetzt auch zu Verkaufsgrund: uns waren drei Autos einfach zu viel – sowohl im Hinblick auf die Unterhaltskosten als auch im Hinblick auf den Zeitaufwand für die jährlichen Servicetermine. Ja, der Grand California muss noch jährlich zur Inspektion – allerdings wird der Ölwechsel im Regelfall nur alle zwei Jahre vorgenommen.

Zusammenfassung

Ich würde den Grand California trotz Verkaufs weiterhin als das für uns perfekte Reisemobil bezeichnen. Sollten wir uns jemals wieder ein Wohnmobil kaufen wollen, werden wir das Modell definitiv in die engere Auswahl nehmen. Aktuell fühlen wir uns ohne Wohnmobil allerdings auch recht wohl. Mal sehen, wie lange das so bleibt 🙂