Der karthagische Heerführer Hannibal ging mit der Bezwingung der Alpen in die Geschichtsbücher ein. Er nutze für seine Manöver Routen, die als ungangbar galten, und erlangte dadurch strategische Vorteile gegenüber seinen Gegnern. Der Name Hannibal steht wie kein anderer für das Überwinden von zeitlichen und räumlichen Grenzen.

Unter dem Pseudonym hannibal_on_tour dokumentieren Kerstin und Jörg in den sozialen Medien ihre Reiseerfahrung mit einem Jeep Wrangler Unlimited JK – welch geschichtsträchtiger Name für einen der letzten verbliebenen „echten“ Geländewagen. „Hannibal“ ist ausgestattet mit einem Campingausbau der Marke „self-made“ und trägt ein Dachzelt auf seinem Rücken. Kerstin und Jörg berichten im Folgenden über das Fahrzeug, den Campingausbau und ihre Reiserouten. Viel Spaß beim Lesen!

Der Jeep Wrangler „Hannibal“ und seine Fahrer/in

Jeep Wranger Fahrer und Dachzeltnomaden

Freut mich sehr, dass du dir die Zeit für das Interview nimmst, Jörg. Magst du dich kurz vorstellen? Woher kommst du, was machst du in deiner Freizeit und was sollten wir sonst noch über dich wissen?

Hallo Clemens, wir sind Kerstin und Jörg, kommen aus Dortmund, also der Fußballhauptstadt Deutschlands und sind Ende 40. In der beruflich bedingt geringen Freizeit widme ich mich dem Fußball, bin Formel-1-Fan und habe noch eine alte Dame, Mercedes-Benz-Heckflosse W110 in der Garage, die Aufmerksamkeit benötigt. Unsere Kinder sind in dem Alter, in dem sie nicht mehr mit Mama und Papa (->Patchwork) verreisen wollen, so dass wir unseren Familien-Wohnwagen mit 5 Schlafplätzen nach Anschaffung des Jeeps verkauft haben.

Du fährst einen Jeep Wrangler Unlimited JK und hast diesen zu einem waschechten Offroad-Camper umgebaut. Bevor wir zu den Umbauten kommen, wie bist du zum Wrangler gekommen? Gab es einen bestimmten Anlass?

Wie die Jungfrau zum Kind… Ich habe schon vor ein paar Jahren mit einem Geländewagen geliebäugelt. Der Jeep kam aber wegen der damals noch geringen Anhängelast nicht infrage, der Defender fiel wegen dem vergleichsweise geringen Komfort und fehlender Automatik aus dem Rennen. So wurde es mein erster Volvo XC60. Der zweite XC60 wurde im Werk Belgien beschädigt und die Auslieferung verzögerte sich, das Überbrückungsfahrzeug hatte keine Anhängerkupplung und der Volvo-Händler, der auch Land Rover anbietet, gab mir den Werkstatt-Defender-110 und das Problem begann… Ich wollte den Defender nicht mehr abgeben, musste aber, eine Wandlung war nicht möglich (zu dem Zeitpunkt wurden die letzten Defender noch ausgeliefert).

Als der Leasingvertrag des 2. Volvos auslief und Volvo wegen der Preispolitik für mich nicht mehr interessant war, kam ich wieder auf das Thema Geländewagen zurück. Defender gab es nicht mehr, die letzten hatten nur noch Euro5. Somit folgte die erste Probefahrt im Wrangler, der mittlerweile mehr ziehen durfte. Nach dem Probefahrt-Wochende war es dann klar: es wird ein Wrangler. Und auch nach einem Jahr bekomme ich das Grinsen nicht aus dem Gesicht.

Auf was hast du beim Kauf geachtet, was war dir wichtig?

Wichtig waren das Automatik-Getriebe (Daily-Driver und Firmenwagen), die Anhängelast und bedingt durch meine vorherigen Volvos „Spielereien“ wie PDC und Rückfahrkamera.

Als Defender Fan muss ich natürlich fragen: wieso ist es ein Wrangler geworden und kein Defender? In welchen Aspekten ist der Wrangler überlegen, bzw. das für dich passendere Fahrzeug?

Wie schon oben beschrieben gab es den Defender nicht mehr. Da ich den Wagen als Firmenwagen benutze, kamen auch Gebrauchte nicht in Frage, alleine schon wegen der Diesel-Problematik.

Den Wunsch nach Innenausbau gab es damals noch nicht in der Form, wie sie heute ist. Das kam erst im Laufe der Zeit. Da hat natürlich der Wrangler gegenüber dem Defender das Nachsehen. Sowohl Zuladung als auch Raumangebot ist (zumindest HINTER den Sitzen) beim Defender unschlagbar. Der Wrangler besticht durch seinen „Komfort“, niedrigere Bauform im Hinblick auf die tägliche Nutzung in der Stadt / Parkhaus / Tiefgarage. Und man kann ihn auch mal mit 185 km/h über die Bahn prügeln, wenn es sein muss. Normal fahre wir aber entschleunigende 110 km/h, egal ob mit oder ohne Dachzelt.

Hannibal goes offroad: Modifikationen am Wrangler

Fährst du viel Offroad? Welche Route kannst du uns empfehlen?

Wir sind ja noch jung. Also jung in der Welt des Geländewagenfahrens ;-). Hannibal wird in dieser Woche ein Jahr, so dass wir noch nicht allzu viel Erfahrung im Overlanding haben. Die erste Tour haben wir aber schon absolviert, 1 Woche Westalpen mit 4×4 Adventures – 1 Woche Dauergrinsen bis zur Gesichtlähmung, bei uns beiden. Kann ich nur empfehlen, gerade für Einsteiger. Wir waren sicher nicht das letzte mal da und die Westalpen sind groß…

Offroad haben wir schon einige Parks hinter uns. Es findet sich immer ein Jeeper-Rudel, das mitfährt. Wir haben aber mittlerweile auch Defender-, Disco-, und Mitsu-Fahrer im Bekanntenkreis. Im Endeffekt ticken wir ja alle mehr oder weniger gleich…

Hast du Offroad-Modifikationen am Wrangler vorgenommen?

Ich hab den Wagen im Dezember 2017 reservieren lassen für Juni 2018. Plan war: er bleibt wie er ist, mir reicht das vollkommen. Leider kam dann Youtube, diverse Facebook-Gruppen und Jeeptreffen hinzu, an denen wir noch mit dem Volvo teilgenommen haben. Letztendlich fuhr ich direkt nach der Übergabe des Wagens zu der Werkstatt meines Vertrauens, mit der ich den Wagen „moderat“ mit Spacern und verlängerten Bilstein-Dämpfern höher legte. Die Bridgestone Dueller wichen Cooper Discoverer AT3 in 33“ statt 32“ und 275er Breite anstelle der 255er, montiert auf der Serienfelge mit 30er Spurplatten. LED-Scheinwerfer sind ja für Offroad nicht so wichtig, hab ich aber gleich mal mit montiert. Dieses Jahr habe ich dann noch trennbare Koppelstangen nachgerüstet.

Die perfekte Symbiose: Wrangler und Dachzelt

Dachzelt auf Jeep Wrangler Unlimited JK

Du hast dich für den Aufbau eines Dachzeltes entschieden – die wohl einzig wirklich bequeme Art, mit dem Wrangler zu campen. Welches Dachzelt ist es geworden und was sind deine Erfahrungen damit?

Wir haben uns einige Systeme und Typen angesehen, waren auch mit Bodenzelt beim #dzf18 (Anm. d. Red.: Dachzeltforum 2018) im Mammutpark. Da wir noch etwas Platz auf der Pioneer-Plattform von Rhino Rack für andere Dinge nutzen wollten, kam ein Hartschalenzelt nicht in Frage. Und bei den Klappzelten sind wir dann beim Adventure 140 von Campwerk hängen geblieben, welches uns den besten Eindruck vermittelte, direkt mit Innen-Zelt und Vorzelt. Das Zelt hatte zwischenzeitlich schon Feindkontakt im Bösen Wolf und ich musste die Böden auswechseln, aber so konnte ich das Zelt intensiver kennenlernen 😉

Das Zelt ist für uns perfekt. Das einzige was ich mir als Änderung wünsche ist die Farbe. Das grau passt zwar hervorragend zu meinen Haaren, fällt aber beim Freistehen mehr auf als ein grünes.

Das Thema Dachzelt-Träger ist ja ein Dauerthema im der Dachzelt Community. Mit welchem System ist dein Dachzelt am Fahrzeug verankert?

Wir haben das Rhino-Rack Backbone-System verbaut, zusammen mit der Pioneer-Plattform. Vor allem mit den kurzen Füßen steht es sehr stimmig auf dem Dach des Wranglers. Dachträgergestelle wie von Gobi kam für uns nicht in Frage.

Die kurzen Füße sehen gut aus. In Kombination mit dem Dachzelt und dem Zwang, sowohl Dachzelt als auch Träger abnehmen zu müssen, um die Garage noch nutzen zu können, entwickelten sie sich aber zu einer Katastrophe und wurde direkt gegen die abschließbaren und wesentlich höheren RLT600 getauscht. So kommt man mit den Händen auch zu den Schrauben unter dem Dachträger, ohne sich diese zu brechen…

Campingausbau im Kleinformat

Campingausbau aus Holz für Jeep Wrangler Unlimited JK

Kühlbox Auszug Jeep Wrangler Unlimited JK

Innenausbau aus Holz für Jeep Wrangler Unlimited JKKommen wir zum eigentlichen Campingausbau: was genau hast du bei dir alles eingebaut?

Ich hab den Ausbau in 2 Schritten durchgeführt: zunächst den Heckausbau mit 2 Auszügen unten und einem „Regal“ für Euroboxen in der 1. Etage. Einen Schlafausbau hatten wir zwar angedacht, aber verworfen, um mehr Stauraum nutzen zu können.

Der zweite „Bauabschnitt“ war dann der Auszug für den Kühlschrank und Aufnahme von 2 Wasserkanistern an der hinteren linken Tür, montiert auf einer Bodenplatte, die auf der umgelegten Rücksitzbank liegt und fixiert ist.

Der gesamte Ausbau ist so konstruiert, dass er innerhalb von 20-30 Minuten aus und eingebaut werden kann. Nun folgen noch eine Batteriebox und eine Dachzeltheizung, wobei letztere aber auf der Plattform montiert wird.

Konntest du das alleine bewerkstelligen oder hattest du Hilfe von Extern / Freunden? Konntest du vorher schon bei ähnlichen Projekten Erfahrungen sammeln?

Ich hab natürlich viel im Netz und auf YouTube geguckt, da ich weder Schreiner noch Tischler bin. Vor allem Michael von wirsehenunsunterwegs war ausgesprochen wichtig für die Durchführung, da kamen viele Ideen für den Umgang mit dem Holz. Geplant und gearbeitet habe ich dann aber alleine.

Zuletzt habe ich Anfang der 80er Jahre mit Holz gearbeitet, als wir – wie damals üblich – Holzdecken in das Haus meiner Eltern angebracht haben 😉

Unterwegs mit Hannibal: Reisen und Camping im Jeep

Reist du eigentlich hauptsächlich in Begleitung oder alleine?

Wir fahren eigentlich immer zusammen. Den ein oder anderen Aufenthalt im Offroadpark mal ausgenommen. Kerstin hat es auch sofort erwischt und ist Feuer und Flamme.

Wie waren die ersten Camping Erfahrungen? Hat sich dein Ausbau bewährt? Was würdest du ggf. ändern, wenn du das Projekt nochmal durchführen müsstest?

Wirkliche Campingerfahrung hatten wir bislang nur in den Alpen, wo wir aber noch mit dem System „Klappbox-Stapel“ und „warum ist das was ich brauche immer in der untersten/hintersten Kiste“ unterwegs waren, was dann zum Ausbau geführt hat.

Das nun verbaute System haben wir bislang nur auf dem #dzf19 und bei Wochenendtrips getestet, und für stabil und zweckmäßig befunden.

Bei einem nächsten Projekt würde ich ggf. noch einmal den Leichtbau optimieren, andere Auszüge verwenden und den Schrank für die Kühlbox anders designen. Vielleicht würde ich auch die Wasserkanister außerhalb des Innenraums unterbringen, zum Beispiel per Airline-Schienensystem am Hardtop.

Berichte doch mal von deinem bisher schönsten Campingerlebnis mit dem Wrangler. Wo ging es hin und was hat das Erlebnis so besonders gemacht?

Unabhängig davon, dass die Tour in den Westalpen das bislang einzige, längere Wrangler-Campingerlebnis war, war das schon herausragend im Vergleich zu den anderen Urlaubsformen, die wir erlebt haben. Das Freistehen in der Natur, der Ausblick über die Berge bei klarer Sicht mit und ohne Sonnenschein waren unvergessliche Eindrücke.

Die Camps bei den Offroad-Wochenenden und den #dzf’s, 2018 zusammen mit Mitgliedern vom jeepforum.de, waren immer perfekt. Wir sind als newbies immer sofort aufgenommen worden und haben tolle Tage, Nächte und Abende verbracht und neue Freunde gefunden.

Was ist offroad- oder campingmäßig im diesem Jahr noch geplant?

Dieses Jahr wird noch es noch ziemlich ruhig zugehen. Berufsbedingt haben wir nur wenig zusammenhängende Wochen zur Verfügung, so dass wir uns auf Wochenend-Offroadpark-Besuche beschränken. Im Herbst werden wird dann 7-10 Tage Richtung Skagen / Dänemark fahren, nach Göteborg übersetzen, etwas Südschweden erkunden und dann über Malmö zurück.
Das nächste Highlight für uns ist erst im Herbst 2020 geplant, 3 Wochen Skandinavien inklusive Nordkap. Und wenn es nach Kerstin geht, verbringen wir 2021 2 Wochen in der Wärme Marokkos….

Das Interview führte Clemens von 1camper. Die Fotos wurden uns freundlicherweise von Kerstin und Jörg zur Verfügung gestellt.

Jeep Wranger Unlimited mit Dachzelt und Campingausbau offroad unterwegs