„in der Umbauphase gab für uns nichts anderes als: aufstehen, arbeiten, Hunderunde und Bus“
– Jule und Aljoscha
Wenn man neben zwei Vollzeitjobs noch einen alten T4 zum Campervan umbaut, dann kann man von echter Passion sprechen. Jule und Alex, die Macher des Insta Feeds @bullidreamways haben genau das vollbracht. Das reisefreudige Paar aus Magdeburg erzählt im Interview mit 1camper, wie sie zu ihrem Bus gekommen sind, wie der Ausbau verlaufen ist und welche Erfahrungen sie mit ihrem Bulli Camper bereits sammeln konnten. Also, schnallt euch an und folgt den Beiden auf ihrem narrativen Bulli-dream-way…
„Bullidreamways“: Zahlen, Daten, Fakten…
so alt sind wir beide zusammengerechnet: 48
so lange kennen wir uns schon: fast 4 Jahre
so lange campen wir schon gemeinsam: ein paar Monate
so lange besitzen wir bereits unseren derzeitigen Campervan: 1 Jahr ca.
so viele Haustiere dürfen mitreisen: 1, unsere Dackeldame Polka
Onboard: die Crew des Bulli Ausbaus
Jule und Alex, stellt euch doch mal vor. Wo kommt ihr her, was macht ihr beruflich und was sollten wir über euch und euer Leben wissen?
Wir sind Jule, Aljoscha, Polka unsere Dackeldame, und Jack, unser alter T4 Bus von 1991. Zusammen sind wir Bullidreamways.
Wir kommen aus Magdeburg. Ursprünglich kommt Aljoscha aus Kassel und ich aus Magdeburg. Hängen geblieben sind wir bisher aber hier. Ich, Jule, bin Physiotherapeutin in der Praxis meiner Eltern und Aljoscha ist Polizist.
Wir lieben das Reisen und sind eigentlich immer unterwegs, seit dem wir zusammen sind. Das ist also eines unserer gemeinsamen Interessen. Neben dem Berufsalltag sind wir gerne mit unserem Hund unterwegs, gehen spazieren, fahren baden oder treffen uns mit Freunden. Zudem model ich nebenbei und besuche eine Modelschule. Gemeinsam gehen wir auch gerne zum Sport.
Wie ist die Liebe zum Camping bei euch entstanden? Wurde euch das Camping bereits in die Wiege gelegt?
Unsere Liebe zum Camping haben wir nicht gemeinsam gefunden und doch zusammen wieder entdeckt. Aljoscha war 1 Jahr in Australien nach dem Abi und hat dort ebenfalls in einem Van bzw. Auto gelebt. Ich war damals mit meiner Cousine öfter zelten und in Englischcamps unterwegs. Besonders ist mir dabei ein Kanucamp in Erinnerung geblieben.
Uns wurde also nicht das Campen in die Wiege gelegt – das Reisen jedoch schon. Die Familie von Aljoscha ist immer viel in der Welt unterwegs, aber auch meine Familie ist schon früh mit mir durch die Welt gereist.
Bulli Nostalgie: der Kultcamper von VW
Ihr habt einen Volkswagen T4 zum Campingbus umgebaut. Gab es einen bestimmten Auslöser für das Projekt? Wie seid ihr an euren Bus gekommen?
Es gab keinen direkten Auslöser für unseren T4 Buskauf. Jedoch wollte mein Freund seinen Golf 7 in der nächsten Zeit verkaufen. Aus nächster Zeit wurde dann recht schnell fast 1 Jahr, bis sich ein Käufer gefunden hatte. Dann haben wir uns gedacht: jetzt oder nie.
Wie vorher schon erwähnt, sind wir schon immer schon viel gereist. Letztes Jahr waren wir in Florida und haben uns dort einen Mietwagen geliehen. Übernachtet haben wir nur in Airbnbs. Dann waren wir im Sommer in Spanien und da haben wir beschlossen nun endlich, was immer mal wieder Thema war, unseren kleinen geheimen Traum wahr werden zu lassen. Hotelurlauber waren wir noch nie so wirklich.
Noch im Urlaub haben wir uns ran gesetzt und das Internet nach möglichen Bussen durchsucht. Recht schnell haben wir uns dann für VW entschieden. Unseren T4 haben wir dann auch in Berlin eher sogar durch Zufall gefunden und direkt zugeschlagen.
Wieso ausgerechnet ein T4?
Für und stand recht schnell fest, dass es ein Fahrzeug sein soll, was wir auch im Alltag nutzen können. Wir haben zwar noch einen Smart aber es ist doch besser, immer 2 Fahrzeuge zur Verfügung zu haben.
Zudem wollten wir unter der 2 Meter Marke bleiben. Damit haben wir dann schon einige Modelle ausgeschlossen. Ein weiterer Punkt ist die Langlebigkeit der T4 Busse. Und einer der letzten Gründe ist, dass man bei den alten Bussen, trotz wenig Ahnung vom Handwerk, vieles selber reparieren kann. Weniger Technik, weniger Probleme 😀 Ersatzteile sind meist auch günstiger als bei den neueren Autos.
Uns gefällt auch das Äußerliche sehr. Der Bus hat irgendwie Kultfaktor. Unser Bus ist immerhin schon von 1991 und bald ein Oldi.
Verwandlung: der VW T4 Camping Ausbau
Beschreibt doch mal ein wenig euren Ausbau… Was genau habt ihr eingebaut, umgebaut und vielleicht auch ausgebaut?
Wir mussten zu aller erst technisch den Guten auf den neusten Stand bringen. Zündkerzen getauscht, Anlasser getauscht, Auspuffanlage erneuert, Umrüstung auf Euro 2, neue Batterie, Tacho wurde repariert, Saugrohrdrucksensor am Motorsteuergerät wurde getauscht und Kühlmittelbehälter plus Schlauch wurde erneuert. Dabei hatten wir Hilfe von einem Freund aus Berlin, der ziemlich Ahnung von T4 Bussen hat und selber einen vom gleichen Baujahr fährt.
Dann haben wir den Teppichboden, die Bänke, und die Seitenverkleidung rausgeholt.
…wie sah es darunter aus?
Es mussten ein paar Löcher geschweißt werden. Die üblichen Stellen beim T4. Dabei hat uns eine Karosserieschweißerei über Vermittlung eines Bekannten geholfen. Als das passiert war haben wir mit Aceton den Innenraum gereinigt.
Danach wurden die Schweißnähte abgefärbt und noch nachbehandelt mit Rostschutzgrundierung und Rostumwandler. Dies haben wir wieder alleine gemacht
Als auch das erledigt und ausreichend getrocknet war, haben wir die Seiten, den Boden und die Decke mit Alubutyl schallisoliert und danach mit Armaflex gedämmt. Im Anschluss, wurde in Polen von einem bekannten Mechaniker die Standheizung verbaut.
Danach kam der Boden rein. Dafür haben wir Klickvenyl benutzt, da wir beide PVC nicht so mögen – aber das ist ja Geschmackssache. Die Karosserie haben wir mit Filz verkleidet. Unsere Decke und unsere Möbel haben wir uns aus Holz gebaut. Wir haben eine 2. Batterie angeschlossen, über die unser Strom und Licht läuft. Genauso haben wir einen Inverter mit dem wir 230V nutzen können.
In unserer Küche haben wir einen 80l Tank und eine Silberkugel darin, damit das Wasser frisch bleibt. Zudem ist eine Wasserboiler, der mit unserer Gasflasche verbunden ist, eingebaut, womit uns warmes Wasser für unsere Dusche zur Verfügung steht.
Hürden: zwischen Ausbau und Alltag
Gab es mal einen Zeitpunkt, an dem ihr das Projekt einfach nur schmeißen wolltet? Wie seid ihr generell mit der Doppelbelastung aus Busumbau und regulärer Arbeit zurecht gekommen?
Es gab sicherlich einige Momente wo wir am liebsten alles hingeschmissen hätten. Aber dazu war der Traum zu groß für uns. Es war für uns beide eine starke Doppelbelastung und nach unserer Verlobung im April eine Bewährungsprobe für unsere Beziehung 😀
Wir gehen beide voll arbeiten und in der Umbauphase gab für uns nichts anderes als: aufstehen, arbeiten, Hunderunde und Bus. Jede freie Minute standen wir am Bus oder ich habe alles drum herum gemanagt: eingekauft für die Reise, die 4 Bezüge für die Matratzen genäht usw.
Stand euch jemand aus der Familie oder Freundeskeis beim Umbau unterstützend zur Seite? Besitzt ihr eine Werkstatt oder konntet ihr eine Werkstatt mitbenutzen?
Wir haben alles alleine gemacht bis auf die Technik, Strom und Schweißen. Dabei hatten wir Hilfe. Auch meine Familie hat uns unterstützt in dem sie uns z.B. unseren Hund in der Zeit des Umbaus abgenommen haben tagsüber. Wir sind sehr dankbar für jede Hilfe die wir bisher bekommen haben.
Natürlich hat man immer zu tun mit einem alten Bus. Jedoch macht uns das riesig Spaß. Wir werden auch im Innenraum noch ein paar Sachen ergänzen. Wie erwähnt waren wir ganz schön im Zeitstress vor dem Urlaub und mussten dann aufbrechen. Trotzdem kamen wir sehr gut klar in den 2,5 Wochen.
Wir haben bei uns an unserer Garage gebaut die wir extra gekauft haben, um dort in Ruhe bauen zu können.
Qual der Wahl: Freistehen vs. Campingplatz
Welche Art von Touren sagen euch denn am meisten zu? Seid ihr eher der Typ Freisteher oder bevorzugt ihr die feste Infrastruktur auf Campingplätzen?
In Skandinavien herrscht ja das „Jedermannsrecht“ . Wer noch nichts davon gehört hat kurze Erklärung: Das Jedermannsrecht regelt den Umgang mit Tieren und Pflanzen und sagt, wie, wo und wie lange man sich in der freien Natur aufhalten darf. Dies ist jedoch kein eigenständiges und geschriebenes Gesetz, sondern ein Gewohnheitsrecht. Dies räumt jedem Schweden und Ausländer viele Freiheiten ein. Es herrscht die Grundregel: „Nicht stören und nichts zerstören“. Also kurz zusammengefasst: Ich darf mich frei in der Natur bewegen, also auch mal eine Nacht irgendwo stehen, aber eben mit dem nötigen Respekt.
Campingplätze sind absolut nichts für uns. Klar ist es schön, mal eine Nacht eine Sanitäranlagen zur Verfügung zu haben. Aber auf der anderer Seite haben wir alles im Bus. Warme Dusche, Wasser, Licht und Strom. Man sollte beim Freistehen eben einfach umweltbewusst agieren. Wir hatten z.B. ökologisch abbaubares Duschgel mit und haben sonst ebenfalls keine Chemikalien dort gelassen. Den Müll haben wir immer mitgenommen – unseren eigenen sowie fremden. Also nochmal: BITTE NEHMT EUREN MIST MIT.
Du sprichst da ein wichtiges Thema an. Individuelles Camping, insb. mit dem eigenen Bus außerhalb von den klassischen Campingplätzen, ist ja aktuell total im Trend. Seht ihr das teilweise auch kritisch? Wie steht ihr zum Thema Freistehen und Umweltbelastung?
Für uns hat sich deutlich heraus gestellt, dass wir auf jeden Fall eher zu zu freistehenden Campern gehören. Jedoch muss ich sagen sammeln wir auch immer Müll usw. auf. Wusstet ihr, dass sogar Toilettenpapier ca. 7 Jahre zum verrotten braucht? Also bitte tut uns allen den Gefallen und nehmt euren Mist mit. Mit diesem Aspekt stehen wir also kritisch dem gegenüber, was wir eigentlich so lieben, da es immer wieder Menschen gibt und geben wird, die nicht nachdenken und maximal an sich denken.
Unterwegs: Reisen mit dem ausgebauten T4 Camperbus
Erzählt uns doch mal von eurem beeindruckensten Reiseerlebnis. Welche Route hat bei euch bleibende Erinnerungen hinterlassen? Wo ging es hin und was hat die Reise so besonders gemacht?
Wir haben bisher nur 1 Tour mit unserem Van erlebt. Wir waren vor kurzem 2,5 Wochen in Skandinavien. Wir sind aus Magdeburg über Kiel nach Kopenhagen gefahren. Die erste Nacht in unserem Van war schon aufregend und die Vorfreude auf unsere 1. Reise stieg immer mehr an.
Dann sind wir weiter über die Öresundbrücken nach Malmö. In Schweden angekommen ging es weiter nach Oslo. Norwegen ist unheimlich beeindruckend und die Natur ist unbeschreiblich. Wir hatten aber überhaupt keine Lust auf Großstadt und deshalb ging es dann weiter Richtung Küste vorbei am Hardangervidda Nationalpark. Wasserfälle, Seen, Fjorde und Tiere soweit das Auge reicht.
Wir haben uns so wohl gefühlt und so viel erlebt. Wir sind bis Stravanger gefahren. Da uns dann aber etwas kalt für einen Sommerurlaub war und uns die Zeit etwas im Nacken saß, sind wir zurück nach Schweden. Dort haben wir noch Smaland ausgekundschaftet. Einer unserer Stopps war an den großen Vätern Seen und in Jönköpping, denn ich habe mich dort noch tätowieren lassen. Am Ende sind wir von Trelleborg nach Travemünde gefahren. Eins steht fest: WIR KOMMEN WIEDER. Das ist die Kurzfassung 😉
Schon irgendwelche fertigen Reisepläne für das 2. Halbjahr 2019?
Wir haben momentan keine neue Route geplant, werden aber versuchen, so viele Wochenenden wie möglich in unserem Van zu verbringen, um etwas aus dem Alltag zu flüchten. Nicht, dass uns unserer Arbeit nicht Spaß macht und wir uns nicht in unserer Wohnung wohl fühlen. Aber es ist ein schöner Ausgleich. Im Oktober haben wir nochmal 1 Woche frei und wir wollen warten, wie das Wetter ist. Sollte das Wetter schön sein geht es sicher nochmal mit dem Bus Richtung Süden.
Auch im Winter 19/20 wollen wir evtl. mit dem Bus wegfahren, da wir begeisterte Skifahrer sind und ja eine Standheizung im Bus haben 🙂
Das Interview führte Clemens von 1camper. Die Bilder wurden freundlicherweise von Jule und Aljoscha zur Verfügung gestellt.