Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden: In mehreren Wochen werden in einigen deutschen Großstädten die Fahrverbote für Diesel in Kraft treten. Welche Konsequenzen haben die Diesel-Fahrverbote für Wohnmobile und bietet das geforderte C-Kennzeichen einen Hoffnungsschimmer?
Erste Diesel-Fahrverbote treten in Kraft
In vielen deutschen Städten brodelt es gewaltig. Gemäß der Erhebungen des Bundesumweltamtes sind Dieselmotoren für rund zwei Drittel der gefährlichen Stickstoff-Emissionen im Straßenverkehr verantwortlich. 16 Städte fallen schon seit Jahren mit überhöhten Werten auf und müssen nun Konsequenzen ziehen.
Stuttgart war damals die erste Stadt, die Fahrverbote angekündigt hat. Das wollten einige Fahrzeugbesitzer nicht hinnehmen und haben vor dem Bundesverwaltungsgericht geklagt. Vergeblich, denn ab dem 1.1.2019 ist das Fahrverbot für alle Diesel der Schadstoffklasse 4 und darunter gültig.
Den Stuttgartern wurde eine Übergangsfrist bis zum 1.4.2019 zugebilligt. In Hamburg ist das Fahrverbot schon umgesetzt. Seit Ende Mai dürfen alle Diesel unter Euro 6 die Max-Brauer-Allee im Stadtteil Altona nicht mehr befahren, auf der Stresemannstraße betrifft das Fahrverbot nur Lkw mit einem Gewicht von über 3,5 Tonnen.
2019 wollen andere Großstädte wie Berlin, Bonn, Frankfurt, Gelsenkirchen, Köln und Mainz nachziehen.
Diesel-Fahrverbote für Wohnmobile schränken Flexibilität beim Reisen ein
Wie genau die einzelnen Städte die Umsetzung der Diesel-Fahrverbote planen, ist noch ungewiss. Aktuell lässt sich nur voraussagen, dass Dieselfahrzeuge nicht mehr in die besonders belasteten Teile einer Stadt oder Kommune einfahren dürfen. Das komplette Stadtgebiet soll nicht davon betroffen sein. Auch ein deutschlandweites Fahrverbot scheint momentan nicht realistisch. Denn die Stickstoff-Grenzwerte werden bislang ausschließlich in den Ballungsgebieten überschritten.
Diesel-Fahrverbote für Wohnmobile wird es ebenfalls geben, denn gerade alte Fahrzeuge erfüllen die Abgasnorm nicht mehr. Besonders schwierig wird es für Camper, die innerhalb einer Verbotszone wohnen. Hier darf das Campingfahrzeug noch nicht einmal mehr zum Ein- oder Ausladen an der Haustür vorfahren.
Durch die Fahrverbote wird künftig das Reisen selbst komplizierter. Wer mit dem Reisemobil unterwegs ist, muss sich vorher informieren, ob es auf seiner Route entsprechende Verbotszonen gibt. Spontane Abstecher mit dem Camper ins Stadtzentrum könnten an vielen Orten der Vergangenheit angehören.
Sollte in manchen Städten das Fahrverbot über die gesamte Umweltzone ausgerollt werden, wären sogar Abschnitt der umliegenden Autobahnen betroffen. Die A40 bei Köln ist so ein Beispiel. Die Diesel-Fahrverbote für Wohnmobile werden zudem nicht nur Deutschland, sondern auch andere europäische Länder betreffen.
Die neue Hürde heißt Euro-6d-Temp
Viele Euro-5-Diesel wurden noch 2018 neu zugelassen. Daher sind hier die Fahrverbote für Wohnmobile besonders ärgerlich. Gemäß der jüngsten Informationen werden neue Euro-6-Modelle nicht von den Verboten betroffen sein. Euro-6 bedeutet, dass für die kritischen Stickoxide, auch NOx genannt, bei Pkw und leichten Nutzfahrzeugen aus der Gruppe 1 ein Grenzwert von maximal 80 mg/km erreicht wird. Bei den anderen beiden Gruppen gelten 105, bzw. 125 mg/km.
Allerdings kommt es darauf an, welcher Buchstabe hinter der Ziffer 6 auftaucht – a, b, c oder d. Das ist die große Hürde der Diesel-Fahrverbote für Wohnmobile bei Euro-6d-Temp. Hier muss ein Camper bei Realbedingungen auf der Straße (RDE=Real Driving Emissions) die Grenzwerte bei den Abgasen unterschreiten. Jedoch liegen die RDE-Werte teils 1000 Prozent über den früher ermittelten, wenig praxistauglichen Messwerten.
Die Euro-6d-Messungen stellen daher eine deutliche Reduktion der Grenzwerte dar. Der Zusatz „Temp“ besagt in diesem Fall, dass für eine Übergangsfrist von behördlicher Seite aus höhere Grenzwerte toleriert werden. Wird von 6d-Temp zu 6d gewechselt, bedeutet das gleichzeitig eine Verschärfung des sogenannten Konformitätsfaktors. Dieser Wert sagt aus, wie viel höher die im RDE-Test ermittelten Emissionen im Vergleich zum Grenzwert sein dürfen.
Zurzeit liegen nur die Werte für neue Pkw vor. Hier gilt ab September 2019 der Faktor 2,1 was einen RDE-Grenzwert von 168 mg/km bedeutet und ab Januar 2021 der Faktor 1,5, was einem RDE-Grenzwert von 120 mg/km entspricht. Die Werte für Wohnmobile werden erst in den nächsten Monaten bestimmt.
SCR-Kat Nachrüstung als Bedingung für saubere Dieselabgase
Absehbar ist, dass vor allem große Wohnmobile diese Werte nur erreichen, wenn sie über SCR-Katalysatoren verfügen und AdBlue beimischen. Damit ist die Harnstoffeinspritzung in die Abgase gemeint. Die Crux dabei: Schon heute sind viele Fahrzeuge mit SCR-Kat unterwegs, die bei einer RDE-Messung NOx über den Grenzwerten ausstoßen.
Prinzipiell besteht die Möglichkeit, durch ein Update der Software an Bord, günstigere Werte zu erzielen. Der Stichtag zur Erfüllung der Euro-6d-Temp ist der 1.9.2019 für Zulassungen neuer Typengenehmigungen. Taucht hinter dem Reisemobil hinter der Ziffer 6 der Buchstabe b oder c auf, kann eine Zulassung mindestens noch bis zum 1.9.2019 erfolgen. 6c-Fahrzeuge in Abhängigkeit vom Gewicht noch bis zum 31.08.2020. Die genaue Abgasnorm lässt sich aus der Zulassungsbescheinigung ablesen.
Einige Neufahrzeuge erfüllen bereits jetzt Euro-6d-Temp, andere Hersteller haben zugesagt, diese Auflage bis zum 1.9.2019 zu erfüllen, auch wenn die Norm für leichte Nutzfahrzeuge momentan noch undefiniert ist. Der SCR-Kat als Bedingung für saubere Dieselabgase und die Großstadtfähigkeit des Wohnmobils ist bei allen, auch den älteren 6er-Modellen, vorhanden.
Caravaning-Institut fordert C-Kennzeichen
Wer aktuell die Anschaffung eines gebrauchten Wohnmobils überlegt, sollte genau darüber nachdenken, ob sich ein Fahrzeug mit Euro-4 oder Euro-5 lohnt. Denn hier drohen tatsächlich schon bald Diesel-Fahrverbote für Wohnmobile.
Ein Liebäugeln mit einem Benziner ist wenig ratsam. Die eignen sich ohnehin nur für kleine Camper. Wird die Blaue Plakette durchgesetzt, darf alles unter Euro-3 auch mit einem Ottomotor nicht mehr in die Umweltzone einfahren.
Wer in einer von den Verboten betroffenen Städte lebt oder seinen Camper als Erstfahrzeug nutzt, sollte sich über die technischen Möglichkeiten einer Umrüstung seines Diesels frühzeitig informieren. Euro-5-Fahrzeuge und eventuell sogar einige Euro-4-Modelle der gängigen Basisfahrzeuge könnten ihre Emissionen durch eine Nachrüstung mit SCR-Kats deutlich reduzieren. Ist das System schon an Bord, kommt theoretisch ein Software-Update infrage.
Die kommenden Fahrverbote wirken sich bereits deutlich auf dem Fahrzeugmarkt aus. Pkw mit Euro-5 erfahren bei Inzahlungnahme eine Abwertung von etwa zehn Prozent. Wohnmobile gelten zwar insgesamt als wertstabiler, doch das Deutsche Caravaning Institut (DCI) warnt vor einem erheblichen Wertverlust bei bereits zugelassenen Reisemobilen sowie einem Absinken der Neuzulassungen.
Gefordert wird daher ein spezielles C-Kennzeichen für Wohnmobile, damit die Fahrt nicht an der Umweltzone in der Großstadt endet. Camper würden auf diese Weise einen Sonderstatus ähnlich dem des H-Kennzeichens für Oldtimer erhalten. Begründet wird der Vorstoß, der auch eine Petition an den Bundestag erhält, mit der besonders langen Lebensdauer von Wohnmobilen.
Weitere Informationen zum C-Kennzeichen findest du in unserem Beitrag C-Kennzeichen für Wohnmobile.
Hoffnungsschimmer: Erste Freifahrtscheine für Camper in Stuttgart erteilt
Im Moment ist die Lage eher so, dass sich CDU und CSU besonders vehement für Fahrverbote bei allen Fahrzeugtypen einsetzen. Trotzdem scheint es einen Hoffnungsschimmer für Wohnmobilisten zu geben. Denn in Stuttgart, wo ab 1.1. 2019 die Diese-Fahrverbote für Wohnmobile ab Schadstoffklasse Euro-4 und schlechter gelten, wurden bereits die ersten Ausnahmegenehmigungen erteilt.
So erhielt ein Wohnmobilbesitzer am 3. Dezember 2018 einen begehrten Freifahrtschein. Bereits am ersten Tag gingen 230 Anträge bei der Stadt Stuttgart ein. Darunter auch von Dieselfahrern aus angrenzenden Regionen. Insgesamt rechnet man in Stuttgart mit über 7000 Anträgen. Aus diesem Grund wurde eigens ein zehnköpfiges Team abgestellt. Chancen auf einen Freifahrtschein haben alle Wohnmobilisten, die an ihrem Fahrzeug eine grüne Plakette nachweisen können, ihren Camper vor dem 1.1.2019 zulassen und glaubhaft nachweisen, dass sie über kein anderes Fahrzeug verfügen.
Fazit: Nicht die Freude an Touren verderben lassen
Es ist richtig und wichtig, in den Städten für eine bessere Luftqualität zu sorgen. Das geht nur über Fahrverbote, was Anwohner am härtesten trifft. Abzuwarten sind nun Konditionen in anderen Städten für Ausnahmegenehmigungen.
Wer die Kriterien nicht erfüllt, muss sich daher auf das Thema SCR-Kat Umrüstung konzentrieren. Unterwegs sollten sich Camper durch die kommenden Diesel-Verbote für Wohnmobile nicht den Spaß an ihrer Tour verderben lassen. Ohnehin finden sich die schönsten Stellplätze fast immer außerhalb des Zentrums und dorthin geht es im Zweifelsfall zu Fuß, per Fahrrad oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln.
Nach aktuellem Stand werden auch nur wenige Autobahnabschnitte von den Fahrverboten betroffen sein. Gerade als Camper mit etwas mehr Zeit im Gepäck, kann man die entsprechenden Regionen einfach umfahren. Etwas anders siehst das im europäischen Ausland aus. Gerade in Frankreich ist das Netz der Fahrverbotszonen bereits eng gestrickt.
Auf das vom Deutsche Caravaning Institut geforderte C-Kennzeichen kann man sich bei seiner Planung nicht verlassen. Ein entsprechendes Gesetzgebungsverfahren kann Jahre dauern – zumal die genauen Rahmenbedingungen aktuell noch nicht feststehen.