Wir haben es befürchtet, jetzt wird es wahrscheinlich Realität: die Verhandlungsparteien der EU einigen sich auf strengere Abgas-Vorschriften für den CO2 Ausstoß bis 2030, mit einem Zwischenziel 2025. Das birgt neuen Zündstoff für die ohnehin schon schwer verunsicherte Wohnmobil-Branche.

Seit Bekanntwerden des VW Abgasskandals thematisieren die Medien hauptsächlich Schadstoffbelastungen durch Stickoxide. Der CO2-Ausstoß geriet in Vergessenheit. Die politische Diskussion dazu schwelte allerdings weiter.

Das EU Parlament fordert seit geraumer Zeit eine Reduktion des durchschnittlichen CO2 Ausstoßes um 40 Prozent. Das derzeitige Ziel von 95 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer, das bis zum Jahr 2021 erreicht werden soll, dient dabei als Basis. Zu Ambitioniert, meinen die Kritiker. Die Bundesregierung ging mit einer Forderung von 30 Prozent ins Rennern.

Die neuen EU CO2 Abgas-Grenzwerte ab 2030

Heute haben sich die EU Kommission, das EU Parlament und die Mitgliedsstaaten im Rahmen eines Vermittlungsverfahrens auf eine CO2 Obergrenze von 37,5 Prozent für PKWs und 31 Prozent für leichte Nutzfahrzeuge geeinigt.

Im europäischen Flottendurchschnitt – genau auf diesen Wert bezieht sich der Kompromiss – erreichen die Hersteller derzeit 118,5 Gramm CO2 Ausstoß. Gemessen am derzeitigen Ausstoß bedeutet das 37,5 Prozent-Ziel daher eine Reduktion um rund 50 Prozent.

Zu erreichen ist die neue Kohlendioxid Obergrenze bis 2030. Der Autoindustrie bleiben also ziemlich genau 11 Jahre für die Einhaltung der verschärften CO2 Vorschriften. Zwar handelt es sich vorerst nur um eine Absichtserklärung und noch nicht um eine Richtlinie, der erreichte Kompromiss ist allerdings der erste und wichtigste Schritt dahin. Eine Gesetzesinitiative wird unweigerlich folgen.

Realer CO2- und NOx-Ausstoß von Wohnmobilen weit über den Grenzwerten

Promobil hat erst 2017 den CO2 Ausstoß der beliebtesten Basisfahrzeuge für Wohnmobile unter realen Bedingungen ermittelt. Das Ergebnis: Der Fiat Ducato stößt real rund 260 Gramm CO2 pro Kilometer aus. Das entspricht dem 2,7fachen des (aktuell noch) für 2021 geltenden 95 Gramm-Ziels.

Der Praxistest aus 2017 zeigt also, dass die Wohnmobil-Branche bereits an der eher moderaten Obergrenze für 2021 ordentlich zu knabbern hat. Hinzu kommt, dass die Betrachtung von CO2 einen wichtigen Aspekt der Umweltdiskussion vernachlässigt: die Grenzwerte für Stickoxide.

Der Konformitätsfaktor, d.h. die erlaubte Abweichung zwischen realem Stickoxid-Ausstoß und Prüfstandergebnissen, steht für leichte Nutzfahrzeuge aktuell noch nicht fest. Den zukünftig geltenden Grenzwert von maximal 263 Milligramm NOx pro Kilometer bei Straßentests verfehlt der Fiat Ducato im Test von Promobil um mehr als das 2-fache.

Die Tatsache, dass andere Fahrzeuge noch schlechter sind, ist kaum ein Trost.

Die Wohnmobilhersteller sind also gefangen in einer Zwickmühle: setzten sie stärker auf Ottomotoren, um den NOx Ausstoß zu reduzieren, verfehlen sie vermutlich die CO2-Ziele. Halten sie dagegen am Diesel fest müssen die Hersteller viel investieren, um die Stickoxid-Emissionen signifikant reduzieren zu können.

Die Verbraucher sind vor allem eines: ratlos. Die Diesel-Debatte befindet sich aktuell auf einem Höhepunkt. Fahrverbote sind mehr als nur ein Damokles-Schwert. Sie sind inzwischen zur Realität geworden. Hamburg und Stuttgart setzen vor, Köln und andere Städte ziehen nach. Besitzer eines Diesel-Fahrzeugs möchte in der momentanen Situation keiner mehr sein.

Dieselprämie für Wohnmobile wäre vermutlich wirkungslos

Die klassischen Autohersteller steuern mit Aktionsangeboten wie der Dieselprämie gegen, die auf den ersten Blick verlockend wirken. Was bei PKWs noch den Markt zu stabilisieren vermag, muss bei Wohnmobils nicht zwingend funktionieren. Die Märkte sind einfach zu verschieden.

In einer modernen, mobilen Arbeitswelt können die wenigsten Menschen auf ihren PKW verzichten. Ist das Fahrzeug kaputt oder wird die Einfahrt in Umweltzonen verweigert wird Wohl oder Übel ein neues Fahrzeug angeschafft. Als Kurzstreckenpendler kann man sich noch mit einem Elektrofahrzeug behelfen und dabei einigermaßen Gewiss sein, dass diese Technologie so schnell nicht unter Beschuss der Umweltaktivisten kommen wird.

Das Nutzungsverhalten und folglich auch die Kaufargumente für ein Wohnmobil sind damit nicht vergleichbar. Wenn der Konsument heute nicht weiß, was morgen noch auf den Straßen fahren darf, wird er sicherlich kein neues Wohnmobil kaufen. Schließlich dient das WoMo „nur“ der Ausübung eines Hobbys. Niemand von uns würde ein solch finanzielles Risiko für seine Freizeitaktivitäten eingehen.

Ein Wohnmobil mit Elektromotor wird auch für die nächsten Jahre keine praxistaugliche Alternative sein. Die Technologie ist noch nicht weit genug fortgeschritten, um Fahrten über teilweise mehr als 1.000km täglich mit nur kurzen Zwischenstopps zu ermöglichen.

Im Gegensatz zur PKW-Branche werden auch keine Dienstwagen-Käufe die Neuzulassungen von Wohnmobilen auffangen können. Dienstwagen Fahrer müssen sich kaum Gedanken über Fahrverbote und Wiederverkauf machen, da die Leasingverträge in der Regel nur wenige Jahre laufen und den Restwert absichern. Dieser Rettungsschirm existiert für die Wohnmobil-Branche nicht (die Verleiher mal ausgenommen, die es ja auch bei den PKWs gibt).

Grenzwerte gefährden Jobs in Wohnmobil-Branche

Uns Campern bleibt damit nur eine Option: Abwarten und Tee trinken. Aussitzen ist zwar selten die beste Option, in diesem Fall aber wahrscheinlich alternativlos. Es fehlt eine klare Guidance der Politik: Wie sieht das Verkehrskonzept der Zukunft aus? Was wird gefördert, was verboten? Maximalwerten und Obergrenzen machen noch lange kein ganzheitliches Konzept aus. So lange dies fehlt würde ich weder ein neues Fahrzeug kaufen, noch ein altes verkaufen.

Die Folge sind weitaus schlimmer als nur unzufriedene Kunden. An der Wohnmobil-Branche hängen deutschlandweit viele Jobs – Sowohl direkt, bei Herstellern und Ausrüstern, als auch indirekt, bei Zulieferern und Campingeinrichtungen. Eine Flaute bei Absatz neuer Wohnmobile gefährdet diese Jobs. Das kann weder im Interesse der Wirtschaft noch der Politik sein. Bleibt nur die Hoffnung, dass die verschärfte Debatte um CO2 Grenzwerte der Initiative C-Kennzeichen neuen Aufwind verschafft.