Wir wollten keinen typischen Ausbau, wie ihn viele andere haben. Wir wollten was anderes!
– Lina und Steven
Nach einer Vielzahl von Interviews mit Besitzern von selbst umgebauten Reisemobilen, kann ich festhalten: kein Umbau gleich dem anderen. Es gibt immer etwas Individuelles zu entdecken und Raffinessen zu erkunden. Sonst hätte ich diese Art der Berichte und Interviews vermutlich schon längst eingestellt 🙂
Aber… So viel Kreativität, so viel neue Ideen und auch so viel Mut, wie bei den Machern des Insta Feeds @van.expedition, habe ich bislang noch nicht erleben dürfen. Der Ausbau überzeugt nicht nur optisch durch sein gemütliches Interieur sondern ist auch bis ins kleinste Detail auf Praktikabilität getrimmt. Zudem muss man einfach bewundern, dass sich Lina und Steven an einen VW T5 herangetraut haben, der vormals als Taxi auf den Straßen unterwegs war. Der Tachostand zählt eine knappe halbe Millionen Kilometer. Mutig!
Neugierig? Ja, ich auch! Lassen wir die beiden einfach für sich selbst sprechen und uns von ihrem individuellen VW T5 Umbau begeistern – und glaubt mir, das werden sie 🙂
--- Wir von van.expedition, kurz und knapp in Zahlen... so alt sind wir beide zusammengerechnet: 48 so lange kennen wir uns schon: 7 Jahre so lange campen wir bereits gemeinsam: 1 Jahr so lange besitzen wir unseren derzeitigen Bus: 9 Monate Unser Bus im Steckbrief... Marke, Modell und Motorisierung: VW T5 2.5 TDI 130ps 2WD Baujahr: 2008 Kilometer-Stand: 465.000 ---
1camper: Lina und Steven, stellt euch doch mal kurz der 1camper Community vor. Wo kommt ihr her und was macht ihr in eurer Freizeit?
Lina und Steven: Wir kommen ursprünglich aus der Nähe von Wolfsburg. Gemeinsam wohnen wir seit Juli 2017 in Regensburg. Unsere Freizeit verbringen wir viel am Reiterhof wo sich meine Reitbeteiligung befindet. Zusammen nehmen wir auch regelmäßig Tanzstunden und fahren an Wochenenden mit dem Bus z.B. zum Wandern.
Basis für den Camping Umbau: ein Taxi VW T5
Ihr habt einen nicht mehr ganz so jungen VW T5 zum Campervan umgebaut. Erzählt doch mal ein wenig über die Geschichte des Busses. Wie seid ihr zu diesem Schatz gekommen und wann ist die Entscheidung für den Umbau gefallen?
Uns war von Anfang an klar, dass wenn wir uns einen Bus kaufen, dieser zum Campervan umgebaut wird. Diese Entscheidung fiel letztes Jahr im August, als wir mit dem Wohnmobil meiner Eltern zur Ostsee gefahren sind. Nach dem Urlaub beschäftigten wir uns regelmäßig mit der Suche nach einem passenden Bus für uns, welche gar nicht so einfach war, da wir bestimmte Vorstellungen hatten über das, was der Bus verfügen sollte.
Wir sind durch Ebay-Kleinanzeigen auf den Bus gestoßen. Ein ehemaliges Taxi von der Ostsee. Beim Kauf hatte er natürlich schon einen hohen Kilometerstand, davon haben wir uns allerdings nicht abschrecken lassen, da der Bus aus erster Hand stammte und die ganze Historie von Kauf bis heute vorhanden war.
Gab es einen bestimmten Anlass für euer Umbauprojekt?
Ja klar, Campen fetzt, war soeben Stevens Aussage. ?
Spaß, wir haben den Film Expedition Happienes geschaut und waren total begeistert, von deren Umbau und der großen Reise. Von dort an stand fest, wir möchten auch auf Reisen gehen und das mit einem selbstgebauten Van.
Die richtige Entscheidung 🙂
Hattet ihr keine Bedenken, Zeit und Geld in einen Van zu stecken, der knapp eine halbe Millionen Kilometer Laufleistung auf dem Buckel hat?
Natürlich war uns bewusst, dass einiges an Kosten auf uns zukommt, trotzdem haben wir sie so gering wie möglich gehalten. Knapp 1.500 Euro haben wir für den Umbau ausgegeben, was voll okay ist. Immerhin ist der Bus so geworden, wie wir ihn uns gewünscht und vorgestellt haben.
Bedenken gibt es bei dem Kilometerstand immer. An Reparaturen waren natürlich schon die Bremsen, der Krümmer, Dichtungen am Auspuff und Turbolader sowie das Thermostat fällig. Bisher hat er sich allerdings gut geschlagen und uns nie im Stich gelassen. Wir sind uns sicher, er wird uns noch viele weitere Strecken begleiten.
Camper Ausbau mal anders: nichts von der Stange
Kommen wir zum Innenausbau des Taxi T5. Ich finde euer Raumkonzept total genial und würde das gerne mit euch zusammen vertiefen. Die Küche ist bei euch nicht in typischer „California-Manier“ längs an der Seitenwand aufgebaut, sondern quer hinter den Fahrersitzen. Das Bett liegt dahinter und kann tagsüber zu einem Sofa umgebaut werden. Raffiniert! Wieso habt ihr euch für dieses Konzept entschieden? Was macht es in euren Augen überlegen gegenüber anderen Varianten?
Am wichtigsten war uns, dass wir aus der Masse hervorstechen. Wir wollten keinen typischen Ausbau, wie ihn viele andere haben. Wir wollten was anderes!
Für dieses Konzept haben wir uns entschieden, da wir zum Schlafen so viel Platz wie möglich haben wollten. Mit einer Länge von 2,0m und einer Breite von 1,40m kann man schon vollkommen zufrieden sein für einen so kleinen „Raum“. Damit das Bett tagsüber nicht den ganzen Bus ausfüllt und wir auch mal eine normale Sitzmöglichkeit brauchen, kann man es nun ganz einfach wieder zusammen schieben auf einer Breite 70cm. Cool gelöst wie wir finden.
Die Raffinesse setzt sich fort bei weiteren Details, wie z.B. der ausklappbaren Küche. Beschreibt doch mal eure Küchensystem und was ihr euch dabei gedacht habt.
Auch hier war uns wichtig, dass sie so viel Stauraum wir möglich hergibt. Durch unsere zwei Schiebetüren konnten wir das optimal nutzen. Da die Küche hinter den Sitzen ihren Platz finden sollte und wir jeden Zentimeter und Winkel ausnutzen wollten, haben wir sie an der Rückseite den Sitzen angepasst. Sie ist oben schmaler und wird nach unten hin wieder tiefer.
Da es vom Bettaufbau nicht anders möglich war, musste die Kühlbox in die Mitte gesetzt werden. Somit blieben auf der rechten Seite noch exakt die 30cm für die Spüle und die Abwasser-/Frischwasserkanister. Auf der linken Seite hinter dem Bett haben wir uns dann entschlossen, Schubladen zu bauen, da auch Geschirr und Töpfe ihren Platz finden mussten.
Der nach draußen ausklappbare Tisch musste her, da wir nicht im Bus kochen wollen, bzw. nur wenn das Wetter es nicht anders zulässt.
Euer Konzept sticht wirklich hervor. Ziel erreicht 🙂
Sonst noch Aspekte eures Ausbaus, die ihr gerne hervorheben möchtet?
Natürlich, unser Tisch am hinteren Seitenfenster muss hier noch erwähnt werden. Sogenannt: „Essen mit Ausblick“
Der Tisch besteht aus einer dünnen Schaumstoffplatte die auf der Holzwandverkleidung befestigt ist, rechts und links jeweils ein Seil als Halterung und einem Schlossscharnier zum befestigen. An regnerischen Tagen können wir ihn ausklappen und ganz bequem vom Sofa essen. Eigentlich ein echter Hingucker.
Strom- und Wasserversorgung: durchdachte Technik
Wie ist in eurem T5 die Wasser- und Stromversorgung geregelt?
Unser Strom läuft derzeit noch über die 100 Ah Zweitbatterie, welche sich unter dem Fahrersitz befindet. Wir haben uns ein Defa Landstromanschluss mit 230V zugelegt, um den Bus an Campingplätzen mit Strom zu versorgen. Desweiteren wird bei Landstromanschluss ebenfalls die Zweitbatterie mit einem Ladegerät aufgeladen.
Geplant ist im kommenden Jahr allerdings noch ein Umbau auf Solar mit 250 Watt, um komplett autark zu sein. Wasserversorgung, nun ja. Da haben wir ja bloß unsere kleine Spüle die über ein Pumpsystem mit 12V betrieben wird und unsere zwei 13 Liter Kanister, jeweils für Frischwasser und Abwasser. Aber auch hier wird noch ein Umbau stattfinden.
Ihr habt mit viel Holz gearbeitet und bei der Farbe starke Kontraste gesetzt. Der Bodenbelag und die Dachauskleidung sind aus dunkler Holzoptik, die Möbel hingegen weiß gestrichen. Euer Camper lädt zum Verweilen ein. Hattet ihr anfänglich keine Bedenken bezüglich es Gewichts des gesamten Ausbaus? Welches Holz habt ihr verwendet und was sagt die Wage?
Der Bodenbelag besteht aus PVC, der auf einer 9mm Siebdruckplatte geklebt ist. Hierfür haben wir uns entschieden, weil es deutlich pflegeleichter als Laminat oder Vinyl ist. Es kann kein Schmutz und Nässe in die Rillen kommen und wir haben somit keine Probleme beim Reinigen des Bodens.
Für die Verkleidung kam für uns kein anderes Material als Holz infrage, grade weil es so gemütlich und rustikal wirkt. Verwendet haben wir Kiefer/Fichte Holzpaneele in 14mm Stärke und diese mit einem nussbraunen Holzlasur angestrichen.
Die Möbel haben wir in weiß gestrichen, da es sonst wohl doch zu dunkel geworden wäre. Die Kombi passt in unseren Augen einfach super zusammen.
Nein, wir hatten keinerlei Bedenken wegen dem Gewicht, allerdings wissen wir leider bis heute noch nicht was der Bus auf die Waage bringt. So schwer kann er allerdings nicht sein, da der Spritverbrauch gleichgeblieben ist.
Euer Ausbau ist ja bereits intensiv von euch getestet worden. Was hat sich in euren Augen besonders bewährt und was würdet ihr zurückblickend anders lösen?
Besonders bewährt hat sich unser Bett, wir schlafen wirklich gut darin mit so viel Platz. Auch unser Klapptisch „Essen mit Ausblick“ hat sich schon bewährt, da wir selbst bei Regen ganz gemütlich am Sofa essen konnten. Anders lösen würden wir eigentlich gar nichts, wir sind so zufrieden wie er ist – allerdings wäre ein Porta Potti nicht schlecht, wofür wir in diesem Bus aber keinen Platz haben.
Kreativität und handwerkliche Skills: das Erfolgsrezept
Es ist immer schön zu hören, dass sich die ganzen Mühen des Ausbaus gelohnt haben und euch das Ergebnis vollends zufrieden stellt. Mich fasziniert euer Bus vor allem aus zwei Gründen: der Innenraum ist sehr wohnlich geworden und die Umsetzung sieht professionell aus. Woher nehmt ihr die kreativen Ideen?
Wir haben natürlich einiges im Internet gesehen was uns fasziniert hat. Aber eigentlich muss ich sagen, dass wir beide recht kreative Personen sind. Jeder hatte gute Vorschläge, die wir dann zusammengesetzt haben.
Man merkt eben, dass der Ausbau nicht „von der Stange ist“. Etwas ganz besonderes. Kreativität ist aber nur die halbe Miete. Wie habt ihr euch die notwendigen technischen Skills angeeignet?
Steven hat sich im Internet fast jeden Abend stundenlang belesen. Belesen über Dämmung, übers Filzen übers Verkleiden und und und. Auch zahlreiche Videos schaute er sich in seinen freien Minuten an. Da konnte nichts mehr schiefgehen. Auch haben wir meinem Papa viel zu verdanken, der eine wirklich große Hilfe bei dem Umbau war. Danke Papa!
Gab es bei euch eine Aufgabenteilung? Wer war für welchen Part des Umbaus zuständig?
Ich muss gestehen, die Vorarbeiten hat Steven alleine übernommen, da ich mich damit absolut nicht anfreunden konnte. Immerhin sah man im Anschluss eh nichts mehr davon.
Aufgabenverteilung gab es so direkt aber auch keine. Ich war das denkende Köpfchen und habe die Küchenskizze erstellt, alles gestrichen und bei dem Möbelbau geholfen.
Steven war handwerklich sehr aktiv indem er mithilfe eines Bekannten die Verkleidungen anbrachte, die Wände mit Filz verkleidet hat, mit meinem Papa die Küche und das Bett gebaut hat.
Fertige Projekte, wie eures, ermutigen einen, sich selbst an den Ausbau des eigenen Vans zu wagen. Nun ist es sicherlich so, dass hinter den Kulissen nicht immer alles nach Plan läuft. Von welchen Pleiten, Pech und Pannen könnt ihr uns berichten?
Eigentlich darf man es keinem erzählen. Wir dachten zu Anfang wir machen es uns so einfach wie möglich und haben uns im Internet nach fertigen Möbeln umgeschaut. Somit kauften wir eine alte T3 Westfalia Küche. Totaler Quatsch… haben wir bemerkt als wir die Küche dann in den Bus gestellt hatten. Es hat rein gar nichts gepasst und ein Umbau dieser Küche hätte sich nicht gelohnt. Also haben wir sie wieder verkauft.
Auch das gekaufte Bett, wofür wir extra nach Berlin gefahren sind passte vorerst keineswegs in unseren Bus, immerhin stammte es aus einem Opel Vivaro. Inzwischen ist es aber maßgeschneidert auf unseren Bus.
Aber ja, aus Fehlern lernt man. Wir raten daher allen ab, fertige Möbel für einen Van zu kaufen. Baut lieber selber was!
Reisen mit dem Taxi T5: angekommen mit qualmenden Bremsen
Genug geregt über den Umbau. Welche Reise aus diesem Jahr ist euch denn besonders in Erinnerung geblieben? Wo ging es hin, wie hat sich euer Bus geschlagen und welche Erlebnisse nehmt ihr mit nach Hause?
Bisher hatten wir noch keine weiteren großen Reisen, da der Bus erst im Juni diesen Jahres fertig geworden ist. Eine Woche nach der Fertigstellung sind wir schon nach Cavallino (Italien) ans Meer gefahren mit einigen schönen Zwischenstopps an Seen etc. Die erste gemeinsame Reise.
Der Bus hat sich super geschlagen, immerhin sind wir auf dem Rückweg die Großglockner Hochalpenstraße gefahren mit einem maximalen Höhepunkt von über 2.500m. Eine unglaublich schöne Strecke, aber auch eine große Herausforderung für wahrscheinlich jeden Van. Im Tal angekommen sind wir mit glühenden und qualmenden Bremsen. Der Bus hat hier aber bewiesen, dass er noch Top in Form ist.
Wie haben wir uns denn eure „Vanlife“ vorzustellen? Steht ihr gerne Frei? Wie oft seid ihr im Jahr mit eurem Bus unterwegs? Bleibt ihr primär in unseren Breitengraden oder geht’s auch mal in andere Regionen?
Klar stehen wir gerne frei. Im Moment ist dies aber noch nicht wirklich möglich, da die aktuelle Stromversorgung nicht ausreichend ist. Wir versuchen natürlich jeden gemeinsamen Urlaub, den wir haben, zu verreisen. Auch am Wochenende sind wir oft unterwegs. Immerhin hat die Gegend bzw. die Natur hier unten in Bayern einfach unglaublich viel zu bieten.
Wir haben auch schon eine Reise nach Slowenien und Kroatien geplant. Skandinavien steht auch schon auf unserer Liste. Spanien, Portugal und Tansania wären mit Sicherheit ebenfalls noch ganz schön.
Die Qual der Wahl des Reiseziels. Aber das macht das Campen ja so besonders. Mit dem richtigen Reisemobil eröffnet man sich unglaublich viele Möglichkeiten. Damit kommen wir auch zum Ende dieses Interviews. Ganz herzlichen Dank für eure Zeit. Euer Campervan wird sicherlich den ein oder anderen Leser des 1camper Blogs inspirieren.
Großes Dankeschön geht auch an Dich, es war ein super Interview. Vielen Dank dafür.
Das Interview führte Clemens von 1camper. Die Bilder wurden freundlicherweise von Lina und Steven zur Verfügung gestellt.