30 Jahre nach der erstmaligen Einführung des California Modells in der T-Baureihe spendiert VW seiner Camper Klasse ein Upgrade: den Grand California. Der große Bruder des T6 California versucht zwei Welten miteinander zu vereinen.

Auf der einen Seite steht die für Camper Verhältnisse kompakte T-Baureihe. Auf der anderen Seite die Welt der Fiat Ducatos und anderen Kastenwagen-basierten Wohnmobilen. Der Grand California kann beides. Der Fahrkomfort eines T6 gepaart mit den Platzverhältnissen eines Kastenwagens.

Die Zauberformel heißt hier VW Crafter. Der Grand California basiert nämlich nicht wie das Schwestermodell auf dem T6 sondern auf der unter der Bezeichnung Crafter bekannten Transporter Modellreihe.

VW California Familie

Für die Ingenieure des VW Konzerns eröffnen sich neue Möglichkeiten der Innenraumgestaltung. Zugleich stehen sie vor einer Herausforderung, um an den Erfolg des T6 California anknüpfen zu können. Ein robustes Transportfahrzeug muss die Qualitäten eines komfortablen Reisemobils erhalten. Ob dies gelungen ist?

Ab Frühjahr 2019 kannst du dich selbst davon überzeugen. Dann kommt der Grand California zu den Händlern. Genau ein Jahr nach dem 30-jährigen Jubiläum seines Schwestermodells.

Im Vergleich zum T6 California bietet der Grand California deutlich mehr Platz im Innenraum

Rein äußerlich haben der Grand California und der herkömmliche T6 wenig gemeinsam. Am ehesten erinnert noch die Zweifarben-Lackierung an die gemeinsame Abstammung. Mit seinen 6 Metern ist der Grand California deutlich größer und geräumiger als der T6. Das macht sich auch bei der Höhe bemerkbar.

VW Crafter NasszelleDas klassische Hubdach des T6 California weicht einem fest installierten Hochdach, das bis zu 3 Meter Stehhöhe bietet. Ein Ausfahren oder Aufstellen des Daches ist nicht möglich und auch nicht notwendig.

Die großzügigen Platzverhältnisse wurden für eine überraschende Neuerung genutzt: Zum erste Mal in der Californa Geschichte hält eine vollwertige Nasszelle Einzug in einen VW Camper. Das verwandelt die Crafter Basis in ein Reisemobil mit dem auch längere Routen abseits von Campingplätzen ohne Verlust an Toilettenkomfort eingeplant werden können.

Interessant ist auch das umfangreiche Infotainmentangebot. Das Interieur ist vollständig vernetzt. Ein Zentraldisplay ermöglicht die Steuer relevanter Komponenten, wie z.B. der Musikanlage und Heizung. Zudem lassen sich Füllstände von Frisch- und Abwasser kontrollieren.

Der Grand California wird in den zwei Varianten 600 und 680 angeboten

Etwas überraschend präsentierte VW auf dem Caravan Salon in Düsseldorf im August diesen Jahres nicht nur einen Grand California, sondern gleich zwei der Sorte.

Die Kunden haben zukünftig die Wahl zwischen einer 6 Meter langen Variante, dem 600, und einem 80 cm längeren Modell, dem 680.

Grand California 600 und 680Die längere Version ist nicht wie man vermuten könnte für zusätzliche Kinderschlafplätze ausgelegt. Die gibt es nur in der kürzeren Variante. Die Eltern werden auf einem 1.950 x 1.400 mm großen Bett im Heckbereich schlafen. Die Kinder kommen im Hochdach unter. Hochdach wohlgemerkt, nicht Hubdach. Das Kinderbett ist allerdings nicht serienmäßig an Board, sondern Bestandteil der Aufpreisliste.

Kinderbett im Hochdach

Der Grand California 680 bietet einen ausgedehnteren Schlafbereich für zwei Personen im Heck. Das Bett wächst in dieser Variante auf 2.000 x 1.700 mm. Den zwei reisenden Personen steht zusätzlich ein Plus an Stauraum zur Verfügung. Ideal für Expeditionen oder längere Reisen. Interessanterweise ist die Dachhöhe der Langversion mit „nur“ 2,85 Metern etwas niedriger als beim 3,03 Meter hohen Grand California 600.

Die Preise starten moderat

Der Einstiegspreis ist erfreulich niedrig – zunächst. VW ruft in Deutschland für den Grand California 600 mit 130kw Frontantrieb 55.000 EUR auf. Zum Vergleich: der T6 California startet ab rund 45.500 EUR.

Im Preis des Grand Californias inklusive ist immerhin eine 8-Gang-Automatik. Über die Aufpreisliste ist noch nicht viel bekannt. Sicher scheint lediglich zu sein, dass das Kinderbett in der 600er Variante nur gegen Aufpreis erhältlich ist. Ebenfalls optional verfügbar ist eine Solaranlage und eine Dachklimaanlage (für Standzeiten).

Serienäßig ist dagegen die bereits angesprochene Nasszelle und ein Anschluss für eine Außendusche. Ob das umfangreiche Infotainmentsystem mit Zentraldisplay ebenfalls serienmäßig eingebaut ist, bleibt abzuwarten.

Anschluss für Außendusche

Bei den Assistenzsystemen und Entertainment erwarte ich ähnliche Preise wie beim regulären Crafter. Das „kleine“ ACC bis 160km/h kostet aktuell beispielsweise 1.150 EUR. Diese Funktion ist auch im umfangreichen Fahrassistenzpaket für über 4.000 EUR enthalten. Mit dabei sind dann noch Spurhalteassistent, Parkpilot, Licht- und Regensensor. Die Liste der verfügbaren Assistenten liest sich beeindruckend:

  • Berganfahrassistent
  • Umfeldbeobachtungssystem (mit Kollisionswarnung) inklusive City-Notbremsfunktion
  • Spurhalteassistent
  • Spurwechselassistent
  • Ausparkassistent mit sensorgesteuerte Flankenschutz und automatischem Parklenkassistent
  • Rückfahrkamera
  • AnhängerRangierassistent.

Der Lifestyle eines T6 California geht verloren

Mit der Einführung des Grand California sorgt VW Nutzfahrzeuge für einen Paukenschlag im Camper Universum. Die Sphäre der Glamper, also Luxus Camper, war bislang den originären Wohnmobilherstellern und -ausrüstern vorbehalten.

Der VW Konzern möchte in diesem Markt mitmischen. Steigende Reallöhne und die anhaltende Reiselust sorgen für ein attraktives Wachstum in diesem Segment. Klar, dass ein Premiumhersteller wie VW die Kunden in diesem Segment mit einem auf sie zugeschnittenen Produkt ansprechen möchte.

Das Ergebnis ist ein Reisemobil das den Namen California nicht wirklich verdient. Der California steht seit der Erstauflage im Rahmen der T3 Baureihe für einen bestimmten Lifestyle. Der Traum vom „Leben im Bus“ lässt sich nicht ersetzten durch Glamping im Wohnmobil. Daran ändert auch der geschickte Schachzug der VW Marketingexperten nichts, den Namen der bekannten Reiseikone California auf das Crafter Wohnmobil zu übertragen.

Der Grand California ist ein erstrebenswertes Reisemobil. Bitte verstehe mich nicht falsch. Das Aussehen, der Nutzwert und die moderne Technik machen mir den Mund wässrig. Es ist aber eben nicht mehr der Lifestyle der 90er Jahre. Es fehlt das markante Hubdach, es fehlt die gemütliche Enge. Stattdessen kommt, rein subjektiv natürlich, ein Zuviel an Komfort und Wohnmobil-Charakter.

Quelle: VW Nutzfahrzeuge